Liebe auf den ersten Blick: Realität oder romantisches Wunschdenken?
- Redaktion Mittagsmagazin
- vor 2 Tagen
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Hollywood zeigt es uns immer wieder: Zwei Menschen treffen sich, ihre Blicke kreuzen sich – und plötzlich ist alles klar. Liebe auf den ersten Blick. Aber was steckt wirklich dahinter?
Mehr dazu heute im #LOVETALK.
Ist dieses Phänomen nur ein Produkt der Popkultur oder steckt doch ein Fünkchen Wahrheit darin? Und was genau bringt uns dazu, jemanden auf Anhieb faszinierend zu finden?
Wissenschaft kontra Herzklopfen
Wir kennen das: Beim Scrollen durch Tinder oder Instagram entscheiden wir blitzschnell, wer uns gefällt. Tatsächlich dauert es weniger als eine Sekunde, bis wir ein Bild für attraktiv halten – das zeigte eine Studie, veröffentlicht im Fachjournal "Neuroscience Letters".
Aber auch im echten Leben geht es schnell zur Sache. „Wenn zwei Menschen sich treffen, kann man nach einer Zehntelsekunde vorhersagen, ob sie sich mögen und wie hoch das Interesse aneinander ist“, erklärt der Evolutionsbiologe Karl Grammer aus Wien. Klingt fast so, als sei der berühmte Blitzschlag beim Kennenlernen doch kein Hirngespinst. Oder?
Zwischen Magie und Mythos
Die Meinungen gehen weit auseinander. Während manche es als romantischen Quatsch abtun, glauben viele fest daran. Laut einer Umfrage von Parship halten 69 % der Frauen und 65 % der Männer das Phänomen für real. Und rund 40 % geben sogar an, es selbst erlebt zu haben.
Die Wissenschaft ist hier allerdings vorsichtiger: Was wir oft für Liebe halten, ist eher eine Mischung aus körperlicher Anziehung und Verlangen. Schließlich lernen wir die wahren Werte eines Menschen nicht innerhalb von Sekunden kennen. Und dennoch: „Schockverliebt“ trifft den Nagel auf den Kopf, wenn wir von jemandem sofort fasziniert sind – ohne auch nur ein Wort gewechselt zu haben.
Was uns auf Anhieb gefällt
Vieles entscheidet sich im ersten Augen-Blick. Doch was genau nehmen wir wahr? Evolutionsbiologisch betrachtet suchen wir nach Merkmalen, die auf Fruchtbarkeit und gesunde Nachkommen hindeuten. Breite Schultern und schmale Hüften bei Männern, die berühmte Sanduhrfigur bei Frauen – diese Merkmale wirken auf unser Unterbewusstsein besonders anziehend.
Auch das Gesicht spielt eine große Rolle: Männer mit markanten Zügen und Frauen mit sanften Gesichtslinien haben meist einen kleinen „Vorsprung“ beim ersten Eindruck.
Ähnliche Gesichter, starke Anziehung?
Spannend wird es, wenn wir uns anschauen, wem wir eigentlich optisch verfallen. Studien zeigen: Menschen fühlen sich oft zu Gesichtern hingezogen, die den eigenen ähneln. Sympathie entsteht, wenn uns jemand auf eine vertraute Art bekannt vorkommt. Die britische Autorin und Porträtmalerin Suzi Malin hat in ihrer Forschung dazu drei Typen von „optisch passenden“ Paaren identifiziert:
Echo-Paare: Ihre Gesichtszüge gleichen sich fast wie Zwillinge. Augenbrauenform, Kinnlinie oder Nasenform – vieles ist auffällig identisch.
Harmonie-Paare: Hier entsteht die Verbindung über etwas Subtileres. Vielleicht ist es das Lächeln oder die Haltung des Kopfes – es erinnert an etwas Eigenes.
Prima-Copula-Paare: Diese Partner:innen erinnern an eine prägende Bezugsperson aus der Kindheit – etwa ein Elternteil oder eine andere nahestehende Figur. "Prima Copula" bedeutet übersetzt "erste Bindung".
Blitzliebe mit Happy End?
Können solche spontanen Gefühle wirklich der Anfang von etwas Dauerhaftem sein? Durchaus. Die Langzeitstudie "Pairfam" (Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics) zeigt: Beziehungen, die mit einem hohen Maß an Verliebtheit beginnen, haben bessere Chancen, langfristig zu bestehen. Ein starkes emotionales Anfangsniveau senkt laut Studie die Wahrscheinlichkeit einer späteren Trennung.
Aber auch hier gilt: Liebe ist ein Prozess. Nur wer gemeinsam wächst, sich gegenseitig vertraut und fürsorglich miteinander umgeht, kann auf Dauer eine stabile Beziehung führen. Und manchmal stellt sich erst rückblickend heraus, dass es Liebe auf den ersten Blick war – wenn man das heutige Glück in die Vergangenheit projiziert.